Die Schifffahrt

"blühte in der Mitte des 19. Jahrhunderts in ganz Preußen. 1849 war die Navigationsakte aufgehoben worden. Bis dahin war die Einfuhr von Waren nach England nur auf englischen oder Schiffen des Ursprungslandes erlaubt. Ferner wurden zwei Blockierungen durch Dänemark und der Sundzoll aufgehoben. Von diesem Aufschwung der Schifffahrt im Ostseeraum profitierte die Stadt Stralsund natürlich sehr. Routen zwischen New York und Singapore wurden von Stralsunder Schiffen befahren. 

Die abgebildete Bark ”Der Versuch”, siehe linke Seite, ebenfalls ein Schiff der Reederei C. A. Beug, gebaut 1856 in Danzig und viele Jahre gefahren unter Kapitän Val. Lachmund, Stralsund. 1885 ist diese Bark im Atlantik gesunken. Dieses Gemälde schuf L. P. S Sjöström. Das Gemälde hängt im Kulturhistorischen Museum zu Stralsund."

(Aus dem 6.Stralsunder Heimatbrief, 1982)

Von 1879 bis 1900 gingen von 219 Segelschiffen 144 auf See verloren (aus dem Buch ”Stralsund” von Wolfgang Rudolph) und damit war der nasse Tod eher die Regel als die Ausnahme. Das führte schon früh zu Zeiten der Hanse zur Bildung von sozialen Netzwerken zur Absicherung der Hinterbliebenen, zunächst in Form christlicher Bruderschaften, den späteren Schiffergesellschaften, von denen die Stralsunder Schiffercompagnie, die heute noch als Verein fortgeführt wird, eine der ältesten ist.

"Den Übergang zur Dampfschiffreederei hatte die Firma C. A. Beug leider nicht gefunden. Nur zwei Dampfer fuhren unter der Firmenflagge gemeinsam mit den Firmen Israel und Prätz nach Breege, Polchow-Ralswiek. Es handelt sich um die Germania (1885 bis 1898) und die Germania 2 (1899 bis 1917). "

Dreimastbark "Der Versuch" und Dampfer "Germania"
Dreimastbark "Der Versuch" und Dampfer "Germania"


War es Brandstiftung?

Ein Schlaglicht auf diese Umwälzungen wirft die Geschichte "CAROLINE - War es Brandstiftung? - 1886" aus dem lesenswerten Buch, "Die letzte Fahrt - Schiffskatastrophen auf Elbe, Nord- und Ostsee" von Eigel Wiese, in dem er die Geschichte des Schoners "Caroline" und der Galeasse "Hermine" erzählt, zwei von vier Stralsunder Schiffen, die, mit Petroleum beladen und versichert unter ungeklärten Umständen im Herbst 1886 abbrannten.

"Viele Stralsunder Schiffer lebten in jenen Jahren vom Transport des flüssigen Brennstoffs, den Seeleute wegen der Kanister, in denen er transportiert wurde, auch als Kistenöl bezeichneten."

Im Fall der "Hermine" kam das zuständige Stralsunder Seeamt zu folgendem Spruch: "Die seetüchtige Galeasse war zu 10.440 Mark versichert. Bei den bekanntlich ungünstigen Erwerbsverhältnissen lässt sich behaupten, dass dem Schiffer das Aufbrennen seines versicherten Schiffes nicht gerade unerwünscht gewesen sein wird. Die Beweise reichen aber nicht aus, um den bislang unbescholtenen Schiffer zu verurteilen."

Beispielbild einer Galeasse

Beispielbild einer Galeasse
Beispielbild einer Galeasse


Von den Segelschiffen zu den Tankdampfern

Eigel Wiese führt weiter aus: "Mit den "bekanntlich ungünstigen Erwerbsverhältnissen" meinte der Vorsitzende des Seeamtes eine wirtschaftliche Entwicklung, die in den Häfen an der Ostseeküste jeder kannte und die den Schiffern, die zugleich Eigner ihrer kleinen Küstensegler waren, sehr zu schaffen machte." Jahrelang hatten sie an dem Transport von Petroleum, das von Übersee in Bremerhafen ankam, gut verdient. Denn sie brachten die Kanister in die kleineren Ostseehäfen, wo der flüssige Brennstoff besonders für Petroleumlampen sehr gefragt war.

Gerade im Jahr 1886 aber zeichneten sich schwerwiegende Veränderungen ab. Es war abzusehen, dass Petroleum künftig nicht weiter als Kistenöl, sondern in speziellen Tankschiffen transportiert werden würde....

Den Stralsunder Schiffern, die gewohnt waren scharf zu kalkulieren, war also klar, dass ihre Schiffe im nächsten Jahr nur noch einen Bruchteil ihres Wertes haben würden. In den Hafenkneipen zwischen Flensburg und Memel reagierten die Menschen an der Küste darauf mit knappen Bemerkungen. Wenn es hieß, ein hölzerner Segler sei abgebrannt, dann grinsten sie nur: "War es ein Stralsunder?"

Alle Zitate aus: "CAROLINE - War es Brandstiftung? - 1886" aus dem Buch, "Die letzte Fahrt - Schiffskatastrophen auf Elbe, Nord- und Ostsee" von Eigel Wiese, erschienen beim "L&H Verlag, mit freundlicher Genehmigung des Autors

Reklamebild der Fa. Liebig

Reklamebild der Fa. Liebig gegen Ende des 19.Jhdrts
Reklamebild der Fa. Liebig zum Ende des 19.Jhdrts


Das Ende der Stralsunder Segelschiffe

Über das Ende der Stralsunder Segelschiffe erfahren wir aus dem Buch ”Stralsund” von Wolfgang Rudolph:

”zuletzt blieb von 219 Seglern nur noch eine Bark, die ”Paquita”, die zur Reederei C. A. Beug gehörte, übrig, ein 460 NRT großes Schiff.

Mit Eisenwaren im Bauch trat sie im Sommer 1903 ihre Fahrt nach Südafrika an. Kurz vor Ende der Fahrt gab es einen Zwischenfall; die Engländer die, damals ja in jedem deutschen Schiff einen Konterbande-Zubringer für die Buren sahen, hielten die ”Paquita” fest, und es mußte erst ein bißchen protestiert werden, ehe man die Kette wieder löste.

Kapitän Fäcks löschte sein Gut und trat mit Ballast die Rückreise an. Unweit Kapstadt setzte er bei schönem Wetter so kunstgerecht auf die Klippen der felsigen Küste, dass niemand dabei auch nur eine Schramme abbekam.

Der vorletzte Mann, der bereits im Dingi saß, fotografierte noch das hoch und fest sitzende Wrack, und dann ging’s mit Gesang an Land. Die Versicherung zahlte, …“.

Beispielbild eines Dampfschiffes

Beispielbild eines Dampfschiffes
Beispielbild eines Dampfschiffes